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Erneuerbare Kraftstoffe für mehr Klimaschutz im Verkehr – Gemeinsame Position von Verbänden der Mineralöl- und Biokraftstoffwirtschaft zur nationalen Umsetzung der REDII

Die unterzeichnenden Verbände haben im Rahmen der Verbändeanhörung des BMU zur Umsetzung der europäischen Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) im Oktober 2020 übereinstimmend ihre Ablehnung zu den vorgelegten Referentenentwürfen mitgeteilt und dringend erforderliche Anpassungen angemahnt. Unser Ziel ist es, das Bestehende im Sinne des Investitionsschutzes und als physisch wirksamen Beitrag zum Klimaschutz neben den weiteren notwendigen Erfüllungsoptionen weiterzuentwickeln.

Die nun bekannt gewordene Einigung der Staatssekretäre der fachlich zuständigen Bundesministerien vom 18.12.2020 stellt aus Sicht von Vertretern der Biokraftstoffwirtschaft (VDB, BDBe, UFOP) und den Inverkehrbringern dieser Kraftstoffe (UNITI-Mitgliedsunternehmen sind Verpflichtete im Sinne der THG-Regulierung) einen wichtigen Fortschritt gegenüber den BMU-Referentenentwürfen dar. Gleichwohl ist nicht in ausreichendem Maße gewährleistet, dass der inzwischen erreichte Klimaschutzbeitrag nachhaltiger Biokraftstoffe auch. im kommenden Jahrzehnt erhalten bleibt bzw. das Potenzial erneuerbarer Kraftstoffe ausgeschöpft werden kann. Infolge der im Jahr 2020 auf 6 Prozent angehobenen THG-Quote steigt deren Beitrag zur Treibhausgasminderung unserer Schätzung nach gegenüber 2019 (9,7 Mio.t CO2Äqu) auf ca. 13 Mio. Tonnen CO2Äqu. Dabei machen die verbindlichen jahres- und tonnenscharfen Emissionsminderungsvorgaben für den Sektor Verkehr nach dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) eine deutliche Ausweitung des Einsatzes erneuerbarer Kraftstoffe erforderlich.

Die heute marktverfügbaren und langjährig bewährten Maßnahmen zur CO2-Reduzierung wie nachhaltige biogene Kraftstoffe werden durch die vorgeschlagene Regulierung verdrängt bzw. stark begrenzt, obwohl das Mengenpotenzial von Biokraftstoffen bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Gleichzeitig werden ungenügende Anreize gesetzt, den Markthochlauf weiterer alternativer Kraftstoffe wie synthetischen flüssigen Kraftstoffen (E-Fuels) oder Wasserstoff zu unterstützen.

Aus Sicht der Verbände ist außerdem zu befürchten, dass die vorgesehenen Regelungen zur Umsetzung der RED II zu einem enormen zusätzlichen und unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand vor allem für den Mittelstand führen werden, der ohnehin infolge der durch das zu Jahresbeginn umzusetzende Brennstoffemissionshandelsgesetz an seine Grenzen stößt. Mit Nachdruck erinnern wir an dieser Stelle an das Ziel der Bundesregierung zur Entbürokratisierung.

Deshalb müssen nach Ansicht der unterzeichnenden Verbände folgende Punkte in einem finalen Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) Berücksichtigung finden:

  • Keine Anrechnung von Ladestrom als Erfüllungsoption
    • E-Mobilität wird bereits durch verschiedene andere Instrumente gefördert. Eine Anrechnung von Ladestrom auf die THG-Quote ist sachwidrig, denn die THG-Quote dient der tatsächlichen Minderung der Treibhausgasemissionen von Kraftstoffen. Hierzu werden anteilig erneuerbare statt der herkömmlichen fossilen Kraftstoffe eingesetzt. Die europäischen Vorgaben zur Treibhausgasminderung (Kraftstoff-Qualitätsrichtlinie - FQD │ Lastenteilungs-Verordnung - ESR) berücksichtigen Mehrfachanrechnungen von Ladestrom nicht.Berechnungen zur Erfüllung der THG-Quote zeigen, dass Ladestrom bei einem möglichen Hochlauf der ohnehin staatlich massiv geförderten E-Mobilität den größten Anteil an der Quotenerfüllung stellen wird. Damit würden alle anderen Erfüllungsoptionen, bei einer unzureichenden Höhe der THG-Quote, aus dem Markt gedrängt. Betroffen davon wäre die gesamte Wertschöpfungskette der Produktion strombasierter synthetischer Kraftstoffe und der Biokraftstoffproduktion, die auch die Bereitstellung gentechnikfreier Eiweißfuttermittel für Nutztiere und die Herstellung von Ethanol und Glycerin für Desinfektionsmittel und Seifen umfasst.
    • Angesichts der großen Bandbreite des prognostizierten Markthochlaufes batteriebetriebener Fahrzeuge ist es kaum möglich, den tatsächlichen Beitrag der E-Mobilität zur Erfüllung der THG-Quote verlässlich abzuschätzen. Dies hat das BMU zuletzt selbst eingeräumt. Diese enorme Unsicherheit wird durch die im Gesetzentwurf vorgesehene nach wie vor unverhältnismäßige Dreifachanrechnung der E-Mobilität auf die THG-Quote zudem drastisch vergrößert, die eine allenfalls rechnerische, aber keine reale Klimaschutzwirkung entfaltet. Für Investitionen in erneuerbare Kraftstoffe fehlt damit die erforderliche Planungssicherheit.
    • Verschiedene unabhängige Studien haben zudem nachgewiesen, dass selbst bei einem ambitionierten Hochlauf der batteriebetriebenen Elektromobilität die CO2-Vermeidungsziele im Verkehrssektor verfehlt werden und jährlich bis 2030 eine beträchtliche CO2-Lücke verbleibt. Damit drohen Deutschland nach der EU Lastenteilungs-Verordnung erhebliche Kosten, die den Bundeshaushalt belasten. Die Nutzung nachhaltiger biogener wie strombasierter Kraftstoffe hingegen ermöglicht einen steigenden Klimaschutzbeitrag sämtlicher Bestands- und Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, die laut Marktprognosen auch im Jahr 2030 noch über 70 Prozent der Verkehrsleistung erbringen werden.
  • Erfüllung THG-Minderungsquote von 22 Prozent bis 2030 stetig und technologieoffen ermöglichen
    • Derzeit ist laut BMU eine THG-Minderungsquote in Höhe von 22 Prozent bis 2030 geplant. Wir begrüßen dieses ambitionierte Zielniveau.
    • Für wirksame Klimaschutzbemühungen allerdings ist eine Verstetigung des Anhebungspfades der Quote erforderlich, die Planungssicherheit verschafft und die Emissionsminderungsleistung der bestehenden Erfüllungsoptionen absichert. Dafür schlagen wir folgenden Aufwuchspfad vor:
      2022 7 %
      2023 8,5 %
      2024 10 %
      2025 12 %
      2026 14 %
      2027 16 %
      2028 18 %
      2029 20 %
      2020 22 %
    • Eine THG-Quote in dieser Höhe für den Kraftstoffbereich erfordert die Nutzung bestehender und Mobilisierung zusätzlicher Erfüllungsoptionen. Dafür ist eine wirtschaftlich attraktive Grundlage zu schaffen. Produktionsanreize können aber nur dann gesetzt werden, wenn auch tatsächliche Mengenbedarfe im Kraftstoffmarkt vorhanden sind. Eine Anrechenbarkeit von Strom schmälert die Wirtschaftlichkeit und die Bedarfsmengen anderer Erfüllungsoptionen wie erneuerbarer Kraftstoffe. Zudem verwässert es das ambitionierte Klimaschutzziel der geplanten THG-Quote infolge der vorgesehenen Mehrfachanrechnung deutlich, ohne zusätzliche positive Effekte für den Klimaschutz durch einen physisch messbaren Beitrag CO2-Einsparungen zu bewirken. Demzufolge führt die zu erwartende geringere physische Nachfrage aus unserer Sicht nicht zu den jetzt notwendigen Investitionsanreizen zur Erweiterung des Angebotes an erneuerbaren Kraftstoffen.
  • Klimaschutzbeitrag nachhaltiger Biokraftstoffe erhalten
    • Um ihren unverzichtbaren Klimaschutzbeitrag auch zukünftig zu sichern, muss die Nachfrage für nachhaltige anbaubiomassebasierte Biokraftstoffe durch eine ausgewogene und gleichzeitig alle Erfüllungsoptionen berücksichtigende Gestaltung der THG-Quote beibehalten werden. Nachhaltige Biokraftstoffe sind flächendeckend im Markt verfügbar, seit Jahren in die bestehende Tankinfrastruktur integriert und im bestehenden Fahrzeugbestand problemlos und zudem vollversteuert einsetzbar. Biokraftstoffe gewährleisten bezahlbare Mobilität, vermeiden Strafzahlungen, die durch die Verfehlung europarechtlicher Klimaschutzvorgaben entstehen und unterliegen einer strengen, verbindlichen Nachhaltigkeitszertifizierung.

Die verantwortlichen Bundesministerien müssen bei der Umsetzung der europäischen Vorgaben, neben den Klimaschutzzielen, gleichermaßen auch die Anforderungen der beteiligten Industrien im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft berücksichtigen. Es geht jetzt auch konkret darum, in diesen schwierigen Zeiten Arbeitsplätze zu sichern statt abzubauen. Wir unterstützen damit ausdrücklich die Forderung der Verbände DWV, MWV, VDA und VDMA, die sich Ende Oktober 2020 an die Regulierungsverantwortlichen gewandt haben.

Grundsätzlich regen wir an, in den kommenden Jahren für den Kraftstoffmarkt eine ambitionierte Entwicklung in Sachen Klimaschutz voranzutreiben. Hersteller und Abnehmer von Kraftstoffen sind sich einig, dass die höhere Beimischung regenerativer Bestandteile ein praktikabler Weg in eine klimaneutrale Zukunft ist. Dazu können sowohl nachhaltige biogene als auch strombasierte Kraftstoffe verstärkt beitragen, wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen hierfür entsprechend ausgestaltet werden.

Unsere Verbände stehen für einen Austausch jederzeit gerne zur Verfügung!