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UNITI-Stellungnahme Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wettbewerbsstrukturen und zur Abschöpfung von Vorteilen aus Wettbewerbsverstößen (Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz)

UNITI der Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V. unterstützt grundsätzlich das Ziel der Stärkung des freien und fairen Wettbewerbes innerhalb des inländischen Marktes. Mit der nun vom BMWK vorgeschlagenen 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung – dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wettbewerbsstrukturen und zur Abschöpfung von Vorteilen aus Wettbewerbsverstößen kurz dem Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz – wird aber genau dieses Ziel verfehlt.

Die vorgesehene Stärkung der Befugnisse des Bundeskartellamtes mithilfe einer Ausweitung der Sektoruntersuchung ist zu begrüßen, jedoch scheint der vorgeschlagene Instrumentenkatalog unverhältnismäßig und ungeeignet zum Abbau von potenziellen Marktverzerrungen und Wettbewerbsstörungen. Eine pauschale und grundlose kartellrechtliche Überwachung ganzer Märkte aufgrund von bspw. Preisparallelitäten stellt ganze Branchen unter Generalverdacht und könnte zu erheblichen ungerechtfertigten Markteingriffen führen und somit dem Wettbewerb zwischen den Unternehmen innerhalb eines Marktes eher schaden anstatt ihn sicherzustellen.

Notwendigkeit eines neuen Wettbewerbsrechts

Das Kartellrecht und die Einhaltung eben dieses durch das Bundeskartellamt unterliegen bisher dem Prinzip, dass nur aufgrund eines tatsächlichen Regelverstoßes oder dem Vorliegen einer genehmigungspflichtigen Fusion ein markt- und wettbewerbsrechtlicher Eingriff durchgeführt werden kann und darf.

Abseits gezielter wettbewerbsrechtlicher Eingriffe in Folge von unternehmerischen Verstößen gegen geltendes Wettbewerbsrecht, gibt es das zusätzliche Instrument der Sektoruntersuchung mithilfe dessen das Bundeskartellamt die Möglichkeit erhält, komplette Branchen und Märkte einer genaueren Untersuchung zu unterziehen und somit potenzielle Wettbewerbsverstöße nachzuweisen. Innerhalb der vergangenen Jahre und besonders der vergangenen Monate kam dieses Instrument vermehrt zum Einsatz.

Das Bundeskartellamt hat somit auch bei jetziger Rechtslage schon die Möglichkeit, ganze Branchen einer näheren Untersuchung der Wettbewerbsstrukturen zu unterziehen. Der jetzige Gesetzesentwurf sieht jedoch vor, dass die kartellrechtlichen Behörden direkt nach Abschluss des Untersuchungsprozesses „verhaltensbezogene und strukturelle“ Abhilfemaßnahmen anordnen können, wenn die Überwachungsstellen eine angebliche Störung des Wettbewerbes auch ohne einen Nachweis feststellen sollten. Eine solche pauschalisierend und unverhältnismäßige Anwendung staatlicher Eingriffe in den freien Markt lehnen wir als Handelsverband mit rund 1.000 Mitgliedern strikt ab.

Das Wettbewerbsrecht und die darin enthaltenen staatlichen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung freier und fairer Marktstrukturen sollte nur bei nachgewiesenen Störungen des Wettbewerbs zur Anwendung kommen und auch nur gegen die den Wettbewerb verzerrenden Unternehmen gerichtet sein. Strukturelle Abhilfemaßnahmen durch markträumende Eingriffe sind weder gezielt noch wettbewerbsförderlich.

Tankstellenmarkt & Kraftstoffbranche

Das BMWK führt in seiner den Gesetzentwurf begleitenden Pressemitteilung vom 20. September 2022 aus: „Das „Wettbewerbsdurchsetzungsgesetz“ sieht erstens ein neues Eingriffsinstrument vor, mit dem das Bundeskartellamt im Anschluss an eine Sektoruntersuchung Störungen des Wettbewerbs schnell und effektiv abstellen kann. Zweitens wird die Abschöpfung von Vorteilen aus Kartellrechtsverstößen für die Behörde deutlich erleichtert. Damit soll es eine bessere Handhabe zum Schutz geben, wenn es bei Märkten mit vergleichsweise wenigen Anbietern im Markt immer wieder parallele Preisentwicklungen gibt, ohne dass aber ein Kartell nachweisbar ist. Dieses Phänomen ist an den Zapfsäulen regelmäßig zu beobachten und hier muss ein schnelleres und schärferes Eingreifen des Kartellamts möglich sein.“

Als Handelsverband der Kraftstoff- und Energielieferanten, der die Interessen von u. a. über 70 Prozent der freien Tankstellen in Deutschland vertritt, weisen wir eine pauschalisierte Unterstellung von Preisabsprachen an der Zapfsäule deutlich zurück. Parallele Preisentwicklungen wie sie teilweise an Tankstellen zu beobachten sind, basieren eben nicht auf einer angeblichen kartellrechtlichen Absprache, sondern auf der hohen Transparenz, bedingt durch Verordnung zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-KraftstoffVerordnung), in Kombination mit dem scharfen Wettbewerb im Kraftstoffmarkt. Dies erklärt auch die vielen Preissenkungen über den Verlauf des Tages. Kein Marktteilnehmer kann sich höhere Preise als der Wettbewerber leisten, ohne nicht erheblich an Absatz zu verlieren. Zu diesen Feststellungen ist auch das Kartellamt bei seinen Untersuchungen gekommen.

Verstoßunabhängige Gewinnabschöpfung und Entflechtung

Das BMWK bezeichnet diesen Preisbildungsprozess, der durch die erhöhte Transparenz im Kraftstoffmarkt zu oftmals ähnlichen bzw. parallel verlaufenden Preisstrukturen zwischen den einzelnen Marktteilnehmern führt, als kartellrechtliche Absprache, der schnell und umfassend mit marktrechtlichen Eingriffen Abhilfe geschaffen werden muss. Hierfür sieht die Novellierung des Wettbewerbsrechts eine sofortige Abschöpfung von Gewinnen vor, die einem oder mehreren Unternehmen aus vermeintlich kartellrechtlichen Absprachen entstanden sind.

Der Entschluss des BMWK eine solche sofortige Gewinnabschöpfung zukünftig zum Mittel der Wahl zu machen, wird von UNITI als äußerst kritisch bewertet da a) dies eine unverhältnismäßige Reaktion seitens der Kartellbehörden darstellen würde und b) die Gewinnabschöpfung aus kartellrechtlichen Absprachen bereits in der heutigen Gesetzgebung vorhanden ist. Bislang ist eine solche Abschöpfung jedoch erst dann zulässig, wenn eine kartellrechtliche Absprache eindeutig und zweifelsfrei den betroffenen Unternehmen nachgewiesen werden konnte. Die Einführung einer missbrauchsunabhängigen Gewinnabschöpfung ist daher als verfassungsrechtlich fragwürdig einzustufen, da eine solche Regelung die wesentlichen Grundwerte des Rechtsstaates in Frage stellt. Kartellrechtliche Strafen wären dann reine Willkürakte.

Ebenso stellt die geplante missbrauchsunabhängige Entflechtung einen unverhältnismäßigen wettbewerbsrechtlichen Eingriff in die Unternehmensstrukturen dar. Schwerwiegende Eingriffe wie eine Unternehmensentflechtung sollten nur bei tatsächlichem Nachweis einer illegalen marktdominierenden Position einzelner Unternehmen erfolgen und eben nicht auf der bloßen Feststellung wettbewerblicher Ungereimtheiten innerhalb eines Gesamtmarktes basieren. Einzelne Branchen würden damit Gefahr laufen politischer Willkür ausgeliefert zu sein und könnten nicht mehr auf die Grundprinzipien des Rechtsstaates vertrauen.

Verfassungs- und Verhältnismäßigkeit als Grundlage der Novellierung

UNITI fordert die Bundesregierung und im Besonderen das BMWK auf, die geplanten den Wettbewerb betreffenden Eingriffsinstrumente und damit die Befugnisse des Bundeskartellamts auf ihre Verfassungs- und Verhältnismäßigkeit zu prüfen und wettbewerbsrechtliche Eingriffe weiterhin nur auf der Basis von tatsächlich nachgewiesenen Verstößen einzelner Unternehmen vorzunehmen. Die innerhalb des Gesetzesentwurfs vorgeschlagenen verstoßunabhängigen Eingriffsinstrumente würden den existenten freien und fairen Wettbewerb in der deutschen Wirtschaft verzerren und würden das Kartellrecht in Deutschland zum politisch ideologischem Kampfinstrument umstrukturieren. Einer Umsetzung dieses Gesetzesentwurfs in seiner jetzigen Form darf daher nicht zugestimmt werden.

Für Rückfragen stehen wir sehr gern zur Verfügung.

RA Elmar Kühn Hauptgeschäftsführer

Dipl. Verw.Wiss Dominik Hellriegel Leiter Politik

UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e. V.

Jägerstraße 6

10117 Berlin

E-Mail: kuehn@uniti.de Tel.: +49 (0)30/755 414-300                 E-Mail: hellriegel@uniti.de Tel.: +49 (0)30/755 414-416