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Kaum Effizienzunterschied zwischen batterieelektrischen Antrieben und strombasierten Kraftstoffen

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die mit klimaneutralen Kraftstoffen angetrieben werden, weisen bei einem gesamtheitlichen Effizienz-vergleich für Produktion und Nutzung eine ähnlich gute Energie-Gesamtbilanz auf wie batteriegetriebene Fahrzeuge. Das geht aus der Studie „Der Effizienzbegriff in der klimapolitischen Debatte zum Straßenverkehr“ des Kölner Beratungsunternehmens Frontier Economics im Auftrag der Verbände MWV und UNITI hervor.

Die in bisherigen, konventionellen Analysen ausgewiesene Effizienz der direkten Nutzung von Ökostrom in batterieelektrischen Pkw von rund 70 Prozent schrumpft in der ganzheitlichen Analyse von Frontier Economics auf 13 bis 16 Prozent. Sie liegt damit in einer vergleichbaren Größenordnung mit Fahrzeugen, die mit Verbrennungsmotor und erneuerbaren Kraftstoffen betrieben werden. Deren Gesamteffizienz beträgt je nach Szenario 10 bis 13 Prozent.

Ursache dieser Neubewertung ist, dass in konventionellen Analysen die extremen Unter-schiede der Erträge von Solar- oder Windanlagen je nach Standort völlig ausgeblendet werden. Anders ausgedrückt: Eine Solaranlage an einem durchschnittlichen Standort in Deutschland erzeugt nur rund 40 Prozent der Strommenge pro Jahr, die eine vergleichbare Anlage in Nordafrika produziert. Dieser höhere Stromertrag pro Anlage kann über den Import von Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen nach Deutschland im Straßenverkehr genutzt werden. Für batterieelektrische Fahrzeuge ist man dagegen weitgehend auf die erneuerbare Stromerzeugung im Inland angewiesen.

Bisherige Analysen zum Effizienzvergleich von Elektromobilität und erneuerbaren Kraftstoffen lassen darüber hinaus häufig weitere wichtige energiewirtschaftliche Aspekte außer Acht, wie aus der Frontier-Studie hervorgeht:

  • E-Autos müssen auch dann geladen werden können, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. In einem zu 100 Prozent erneuerbaren Stromsystem wird ein gewisser Anteil des Stroms für Elektro-Fahrzeuge daher auch über den Umweg der Zwischenspeicherung über Wasserstoff oder sogar synthetisches Methan, das dann in Gaskraftwerken wieder in Strom umgewandelt wird, zur Verfügung gestellt werden müssen.
  • Zudem wird häufig nicht berücksichtigt, dass Fahrzeuge zusätzlich Energie zur Kühlung und insbesondere auch zur Heizung des Innenraums benötigen.

Dazu Studienleiter Dr. Jens Perner: „Die Studie belegt, dass es bei einer gesamtheitlichen Betrachtung aller relevanten Effizienzkriterien kaum einen Effizienzunterschied zwischen Fahrzeugen mit batterieelektrischen Antrieb und solchen Fahrzeugen gibt, die mit klimafreundlichen strombasierten Kraftstoffen angetrieben werden. Der Grund hierfür ist insbesondere in der Importfähigkeit von strombasierten Kraftstoffen zu finden. Das ermöglicht es, hochertragreiche Standorte zur Produktion von Wind- und Solarstrom weltweit zu nutzen. Der in konventionellen Studien angeführte Effizienzvorteil von Elektroautos wird vor allem über diese Importfähigkeit von Kraftstoffen weitgehend nivelliert.“

Bedarf an Ökostrom-Anlagen nur unwesentlich höher als bei Elektromobilität

Besonders anschaulich wird das Ergebnis der Studie, wenn man vergleicht, wie viele Wind- und Solaranlagen errichtet werden müssen, um den Energiebedarf eines inländischen Pkw mit durchschnittlicher Jahresfahrleistung zu bedienen: Der Betrieb mit erneuerbaren Kraftstoffen erfordert rechnerisch eine Solarkapazität von 6 Kilowatt in Nordafrika, ein Elektroauto mit 5,7 Kilowatt fast ebenso viel Photovoltaik-Leistung in Deutschland. Bei Windstrom müssen für einen Pkw mit grünen Kraftstoffen 3 Kilowatt in Argentinien (Patagonien) und 2,3 Kilowatt in Deutschland installiert werden. Das heißt, es müssten kaum mehr erneuerbare Stromerzeugungsanlagen für die Mobilitätsvariante des Fahrzeugs mit Verbrennungsmotors im Vergleich zum Batteriefahrzeug gebaut werden, diese aber an anderen, ertragreichen Standorten.

Dazu kommt, dass in Deutschland nicht 100 Prozent Ökostrom zur Verfügung steht und dass die Verfügbarkeit von Flächen mit hohen Ökostrom-Potenzialen und geringer Bevölkerungsdichte in Regionen wie Nordafrika oder Südamerika deutlich höher ist als hierzulande, die Kosten der Flächen und die Akzeptanzhürden sind niedriger.

„Politik muss alle Optionen für den Klimaschutz einbeziehen“

MWV-Hauptgeschäftsführer Prof. Christian Küchen: „Strom deckt derzeit gut 20 Prozent des deutschen Endenergiebedarfs. Wind- und Photovoltaik-Anlagen tragen ca. 6 Prozent zur Bedarfsdeckung bei. Bei allem notwendigen Ausbau dieser Erzeugungsanlagen in Deutschland wird es auch langfristig nicht möglich sein, ohne substanzielle Energieimporte auszukommen. Dafür, dass diese dann erneuerbar sind, müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Diese Tatsache zusammen mit den Ergebnissen des vorgelegten ganzheitlichen Effizienzvergleichs machen deutlich, dass eine Festlegung allein auf die batterieelektrische Variante im Straßenverkehr zum heutigen Zeitpunkt ein großer Fehler wäre.“

UNITI-Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn: „Konventionelle Effizienzbetrachtungen sind in ihren Aussagen limitiert und irreführend. Sie haben bislang offenbar das Ziel, batterie-elektrische Fahrzeuge als einzige Lösungsoption für eine Defossilisierung darzustellen. Stattdessen sollten alle Technologiepfade zum Klimaschutz im Straßenverkehr verfolgt werden. Vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2030 allein hierzulande voraussichtlich weiterhin mehr als 35 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotor unterwegs sein werden, ist eine Politik auf Landes-, Bundesebene und der EU gefragt, die alle Optionen zum Klimaschutz im Verkehr einbezieht – einschließlich mit Ökostrom hergestellte erneuerbare Kraftstoffe. Nur so können die Pariser Klimaziele sicher erreicht werden.“