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Stellungnahme zum Referentenentwurf Änderung der Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraft- und Brennstoffen (10. BImSchV)

Sehr geehrte Damen und Herren, für die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme danken wir, da unsere Mitgliedsunternehmen von der geplanten Änderung als Kraftstoffmarktteilnehmer direkt betroffen sind. UNITI vertritt Unternehmen im Bereich des mittelständischen Energiehandels u. a. mit Kraftstoffen. Über UNITI sind rund 70 Prozent der freien Tankstellen und über 43 Prozent der Straßentankstellen verbandlich organisiert.

Positionierung zur Aufnahme der Kraftstoffnorm DIN EN 15940 (§4 Absatz 3 gem. Änd. 10. BImSchV) Wir begrüßen, dass paraffinische flüssige Dieselkraftstoffe (XtL – X to Liquid) der Kraftstoffnorm DIN EN 15940 aus Synthese (PtL – Power to Liquid, wie E-Diesel) oder Hydrierungsverfahren (BtL – Biomass to Liquid, wie HVO) zukünftig als Kraftstoffe in Deutschland zugelassen sind. UNITI setzt sich seit mehreren Jahren für die Umsetzung der europäischen Rechtsgrundlage in diesem Bereich ein. Deutschland ist eines der letzten EUMitgliedsländer, das die europäische Zulassung von Kraftstoffen der Norm 15940 rechtlich umsetzt.

Bislang ist in Deutschland nur eine Beimischung von Kraftstoffen der Norm 15940 zu herkömmlichen Kraftstoffen möglich, was die Nutzung einschränkt und die Weiterentwicklung des klimafreundlichen Kraftstoffmarktes behindert. Mit der Änderung würden Hersteller von XtL-Kraftstoffen ein klares Signal des Gesetzgebers erhalten, dass in Deutschland signifikante Mengen von XtL-Reinkraftstoffes genutzt werden dürfen. Der in den Regelungsfolgen der Gesetzesänderung sehr niedrig angesetzte Hochlauf des XtL-Angebots an öffentlich zugänglichen Tankstellen teilen wir daher nicht. Wir gehen davon aus, dass die Marktnachfrage nach XtL hoch sein wird, da mit der Zulassung sich der Nutzerkreis auf Speditions-, Transport- und Logistikunternehmen, Landwirtschaftsbetriebe und Baufirmen, Busbetriebe, Betreiber von Dienstwagenflotten sowie Pkw-Nutzer deutlich ausweiten wird.

XtL-Kraftstoffe sind ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele im Straßenverkehr, denn sie

• bieten ein hohes Emissions-Minderungspotenzial, • können herkömmlichen fossilen Dieselkraftstoff vollständig ersetzen und

• können auch in Bestandsfahrzeugen und in bereits vorhandenen Tankinfrastrukturen ohne technische Anpassungen genutzt werden. Sie werden damit zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der individuellen Mobilität, bestehender Logistikketten und von Betriebsabläufen leisten.

• Die Herstellung synthetischer flüssiger Energieträger wie E-Fuels (E-Benzin/ E-Diesel) auf Basis von grünem Strom und nachhaltigen Kohlenstoffquellen ist eine erfolgsversprechende Option zur Defossilisierung von Energiesystemen, die auf flüssigen Energieträgern wie beispielsweise der Verkehr basieren. E-Fuels entsprechen in ihrer chemischen Zusammensetzung herkömmlichen flüssigen Kraftstoffen, was bedeutet, sie haben eine ebenso volumetrisch hohe Energiedichte und können herkömmlichen flüssigen Kraftstoffen wie Benzin, Diesel oder Kerosin problemlos in beliebiger Menge beigemischt werden und fossile Kraftstoffe vollständig ersetzen. Sie lassen sich bei Raumdruck und -Temperatur speichern und ohne Energieverlust über weite Strecken transportieren, so dass es möglich sein wird, erneuerbaren Strom in wind- und sonnenreichen Regionen zu produzieren und in Form eines flüssigen Energieträgers global einzusetzen.

• Die Herstellung von E-Fuels ist technisch ausführlich erprobt und die Herstellungstechnologien besitzen einen hohen technischen Reifegrad. Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass eine industrielle Massenproduktion in einer Vielzahl von Ländern und Regionen möglich ist. Global gibt es bedeutende Erzeugungspotenziale für E-Fuels, vor allem außerhalb der EU existieren höhere Flächenpotenziale und zugleich deutlich bessere Bedingungen für die Erzeugung von Wind- und Solarstrom. Derzeit entstehen national wie international erste Pilotanlagen als Vorstufe für eine industrielle Produktion. Investoren warten auf klare Signale des Gesetzgebers auf nationaler und EU-Ebene, dass zukünftig synthetische Kraftstoffe ohne Mengeneinschränkungen in einem breiten Abnahmemarkt im Verkehr eingesetzt werden können. Nur eine solche Verwendungsaussicht garantiert eine langfristige Planungssicherheit und reizt einen Produktionshochlauf von E-Fuels im großen Stil an. Der deutsche Gesetzgeber sollte daher in der demnächst anstehenden Umsetzung der europäischen RED III-Vorgaben eine breite Nutzung synthetischer Kraftstoffe im Verkehr ermöglichen und anreizen.

• HVO wird bereits im industriellen Maßstab produziert und ist weltweit wie in den USA oder Europa im Praxiseinsatz. HVO weist eine um bis zu 90 Prozent geringere Treibhausgasbilanz als fossiler Diesel auf und gehören zu den sog. fortschrittlichen Biokraftstoffen, denn sie werden aus zertifizierten, nachhaltigen Rest- und Abfallstoffen, wie gebrauchten Frittierfetten, hergestellt und stehen nicht in Konkurrenz mit Futter- und Nahrungsmitteln. Zudem gelten in Deutschland seit 2023 verschärfte Nachhaltigkeitskriterien, wodurch Biokraftstoffe aus Palmöl vom Markt ausgeschlossen werden. Hersteller von HVO weisen aus, dass die globale HVO-Produktion bis 2025 voraussichtlich 30 Mio. Tonnen überschreiten wird1 . Skalierbare und weitere nachhaltige Rohstoffquellen bieten weitere Mengenpotenziale.

• XtL-Kraftstoffe ermöglichen eine saubere Verbrennung, von der insbesondere die Emissionen älterer Motoren profitieren und damit ein Beitrag zu NOx- und Feinstaubreduzierung leisten können. Verträglichkeit von XtL für Fahrzeuge und Tankinfrastrukturen:

• Annähernd sämtliche Fahrzeug- und Motorenhersteller haben die von ihnen produzierten Dieselmotoren für Kraftstoffe der Norm 15940 bereits freigegeben. Dies geschieht teilweise sogar rückwirkend für Bestandsfahrzeuge. Damit wird auch die Flotte der Bestandsfahrzeuge in die Lage versetzt, durch einen Wechsel des Kraftstoffs einen signifikanten Beitrag zur Reduzierung der fossilen CO2-Emissionen zu leisten. Für Lkw und Busse liegen diese Freigaben bereits seit mehreren Jahren vor.

• Die Nutzung von XtL-Kraftstoffen bedarf keiner technischen Anpassungen oder Umrüstungen der Fahrzeuge, des flächendeckenden Tankstellennetzes oder nichtöffentlicher Tankinfrastruktur auf Logistikanlagen und Betriebshöfen. Die Verwendung bereits vorhandener Technologien und Infrastrukturen ist ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Ressourcenschonung.

• HVO als Reinkraftstoff ist bereits an über 1.500 Tankstellen in Europa frei erhältlich2 . Mit der aktuellen Regulierung haben deutsche Logistikanbieter gegenüber anderen Anbietern im Straßengüterverkehrsmarkt einen deutlichen Wettbewerbsnachteil, die bereits HVO als Reinkraftstoff nutzen können und damit die Klimaschutzvorgaben in Ausschreibungen von internationalen Logistikaufträgen leichter nachweisen können. Wir erbitten einen möglichst zügigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens zur Anpassung des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes, was gemäß politischer Beschlusslage der Regierungskoalition die Grundlage für die Nutzung von XtL-Kraftstoffen ist.

Positionierung zur Aufnahme der Kraftstoffnorm DIN EN 16734 (§4 Absatz 2 gem. Änd. 10. BImSchV)

UNITI begrüßt die Aufnahme der Norm DIN EN 16734 und damit die Zulassung von Dieselkraftstoff mit bis zu 10 Volumenprozent Biokraftstoffanteil (B10). Damit wird eine bereits geltende EU-Regulierung umgesetzt. B10 kann einen Beitrag für mehr Klimaschutz im Straßenverkehr leisten.

Forderung zur Unterstützung des Markthochlaufs von XtL-Kraftstoffen: Flexibilisierung der Schutzsortenregelung bei Ottokraftstoffen (§3 Abs. 2 10. BImSchV):

Die Einführung von XtL- und B10-Kraftstoffen wird laut vorliegender Änderung der 10. BImSchV daran geknüpft, dass Dieselkraftstoff B7 weiterhin als Schutzsorte angeboten werden muss (mit Ausnahme in §4 Abs. 5 gem. Änderung 10. BImSchV). Die bereits in §3 gegebene Schutzsorten-Regelung für Ottokraftstoffe (E5 als Schutzsorte für E10) ist auch nach Änderung der VO weiterhin gegeben. Wir appellieren daher an den Gesetzgeber, die geplante VO-Änderung zu nutzen, um eine Änderung der Schutzsortenregelung bei Ottokraftstoffen vorzunehmen und schlagen folgende Ergänzung des §3 Abs. 2 der 10. BImSchV vor:

(2) Wer Ottokraftstoffe nach Absatz 1 der Qualität „Super“ mit mehr als 5 Volumenprozent Ethanol anbietet, ist verpflichtet, an derselben Abgabestelle auch Ottokraftstoffe nach Absatz 1 der Qualität „Super“ oder „Super Plus“ mit einem maximalen Sauerstoffgehalt von 2,7 Massenprozent und einem maximalen Ethanolgehalt von 5 Volumenprozent anzubieten.

Eine solche Regelung entspräche auch der bereits geltenden Tankempfehlung gem. Zeichen nach Anlage 4 der 10. BImSchV: Mit der vorgeschlagenen Änderung des §3 Abs. 2 BImSchV würden Kraftstoffanbieter eine deutlich größere Flexibilität hinsichtlich der Erfüllung der E5-Schutzsorten-Regelung erhalten. Die jetzige Regelung erzwingt ein Vorhalten von Super E5-Ottokraftstoff und verhindert einen Hochlauf von klimafreundlicherem Super E10. Wir weisen zudem darauf hin, dass mit der Flexibilisierung an Tankstellen Säulen und Tankkapazitäten frei würden, was Platz für neue fortschrittliche Kraftstoffsorten wie HVO und E-Fuels machen würde. Ein Beibehalten der jetzigen E5-Regelung als verpflichtende Schutzsorte einschließlich der Einführung der verpflichtenden B7-Schutzsortenregelung für B10 und XtL würde die infrastrukturellen Kapazitäten an vielen Tankstellen stark einschränken und ein Hochlauf von XtL-Kraftstoffen behindern.

Grundsätzlich zu berücksichtigen ist im Zusammenhang mit E10, dass der Anteil von Fahrzeugen mit E10-Unverträglichkeit in den letzten Jahren kaum noch vorhanden ist. 3 So kann davon ausgegangen werden, dass sämtliche Fahrzeuge ab dem Baujahr 2011 E10 nutzen können. Der Erhalt einer E5-Sorte in Form von Super Plus E5 wäre eine ausreichende Schutzfunktion für Fahrzeuge ohne E10-Verträglichkeit. Der Marktanteil von E10 in Deutschland lag 2022 bereits bei knapp 24 Prozent. 2015 waren es erst 13,6 Prozent. In den allermeisten EU-Mitgliedsländern gibt es keine gesetzliche Vorgabe mehr, E5 als Schutzsorte anbieten zu müssen4 . Dies entspricht der aktuellen europäischen FQD-Regulierung, wonach die Verpflichtung für Anbieter, Ottokraftstoff mit einem maximalen Ethanolgehalt von 5 Prozent in Verkehr zu bringen, zwingend nur bis 2013 vorgesehen ist.

Bei einer angenommenen CO2-Minderungswirkung von Bioethanol von 84 Prozent würden im Falle einer vollständigen Marktdurchdringung von E10 nach unseren Berechnungen rund 3,04 Mio. Tonnen CO2 (Stand 2022) eingespart werden können. Dies sollte Anreiz sein, die Schutzsortenregelung zu flexibilisieren.