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Stellungnahme zum Referentenentwurf der Neufassung der siebenunddreißigsten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung zur Anrechnung von strombasierten Kraftstoffen und mitverarbeiteten biogenen Ölen auf die Treibhausgasquote)

1. Zur Betroffenheit

UNITI dankt für die Möglichkeit, eine Stellungnahme zur geplanten Neufassung der 37. Bundesimmissionsschutzverordnung (37. BImSchV) abzugeben. Mittelständische Kraftstoffunternehmen sind bereits heute in Produktionsprojekten zur Herstellung von Wasserstoff und dessen Derivaten wie strombasierten Kraftstoffen (E-Fuels) zum Einsatz im Verkehr involviert, so dass diese von der geplanten Regulierung als Produzenten direkt betroffen sind.

2. Zur nationalen Umsetzung

Grundsätzlich begrüßen wir den Umstand, dass auf EU-Ebene nach 1,5 Jahren der Verzögerung nun die regulativen Vorgaben zur Produktion von erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs (RFNBO), bspw. auf erneuerbarem Strom basierende E-Fuels oder erneuerbarer Wasserstoff, feststehen. Damit ist die Grundlage geschaffen, dass E-Fuels bei Erfüllung der Produktionskriterien gemäß der delegierten Rechtsakte zu Artikel 27 (3) und Artikel 28 (5) der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) im gesamten Verkehr eingesetzt werden können. Auch ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung die europäischen Vorgaben zeitnah in deutsches Recht überführen möchte. Dieses Vorhaben unterstützen wir im Sinne der Planungs- und Investitionssicherheit sehr. Wir bitten um einen möglichst schnellen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens. Zudem schlagen wir vor, eine Regelung in die neue 37. BImschV aufzunehmen, dass die zu erfüllenden Kriterien, die vor einem Baustart eines Produktionsstandortes gelten, während dessen Bauphase weiter gelten, auch wenn sich die Kriterien der 37. BImschV in dieser Zeit ändern würden.

3. Zur EU-Regulierung für RFNBO

Trotz der intensiven Verhandlungen auf EU-Ebene leisten aus unserer Sicht die EU-Regularien durch die Ausgestaltung der Strombezugs- und Nachhaltigkeitskriterien keinen Beitrag für einen schnellen und hochskalierten industriellen Produktionshochlauf von Wasserstoffderivaten, was europäisch wie national aber immer wieder von der Politik als Ziel angekündigt und strategisch vereinbart wird (siehe nationale und EU-Wasserstoffstrategien). Damit wird auch eine Kostendegression bei der Produktion verhindert. Aus unserer Sicht sollte die EU-Regulierung die Grundlage dafür sein, dass E-Fuels EU-weit großflächig in verschiedenen Verkehrsbereichen zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar werden können. Denn dies leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der europäischen Klimaziele, die eine deutliche CO2-Reduzierung im Verkehr anstreben. So können normgerechte erneuerbare Kraftstoffe wie E-Fuels herkömmliche fossile Kraftstoffe 1:1 ersetzen, ohne dass dafür Antriebstechnologien in Fahrzeugen, Flugzeugen oder Schiffen angepasst oder die Tankinfrastruktur neu aufgebaut werden müsste. Die Technologie zur Herstellung von E-Fuels wie E-Diesel oder E-Benzin ist langjährig erprobt.  Erste Pilotanlagen zur industriellen Herstellung von E-Fuels sind bereits existent oder befinden sich gerade im Bau. Umso entscheidender ist, dass die europäische Regulierung die Produktion anreizt und die Verwendung solcher Produkte in der EU ermöglicht und unterstützt. Die kürzlich beschlossenen Detailregelungen der RED II halten wir jedoch für sehr investitionshemmend und wenig herstellerorientiert. Wir richten daher den dringenden Appell an die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für eine produktionsfreundlichere Ausgestaltung der Vorgaben einzusetzen. Sonst droht die EU und ihre Mitgliederländer den Anschluss an diejenigen RFNBO-Abnehmerländer zu verlieren, die einfachere Produktionskriterien für E-Fuels oder Wasserstoff im Verkehr vorsehen.

4. Definition der Inbetriebnahme einer Anlage (§2 Abs. 7 der 37. BImSchV neu)

Aufgrund des gegebenen Rechtscharakters der EU-Regulierung bleibt dem deutschen Gesetzgeber nahezu keine Möglichkeit, bei der nationalen Umsetzung Erleichterungen vorzunehmen. Dennoch sollten die Vorgaben im Sinne des EU-Gesetzgebers umgesetzt werden. Wir weisen darauf hin, dass in §2 Absatz 7 des 37. BImSchV-Entwurfes eine von der EU-Ebene abweichende Auslegung ersichtlich ist, die sich auf die Inbetriebnahme einer Anlage bezieht. Laut eines von der EU-Kommission veröffentlichten Q&A1 zur Implementation der Delegierten Rechtsakte soll gelten: “Starting production should be considered to include any form of commercial production of hydrogen that is intended to be used or sold” (Frage 20). Im Entwurf soll jedoch schon die erstmalige Aufnahme der Produktion von Strom dazu zählen. UNITI fordert daher, dass der deutsche Gesetzgeber die EU-Sicht übernimmt und den erstmaligen Verkauf des Produkts als Inbetriebnahme einer Anlage definiert.

5. THG-Quotenregulierung: Anrechnung von RFNBO (§3 der 37. BImSchV neu)

Wir begrüßen ausdrücklich die in §3 Absatz 4 des 37. BImSchV-Entwurfes vorgeschlagene Anpassung der Mehrfachanrechnung (von einer zwei- auf eine dreifache) von RFNBO auf die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote). E-Fuels und Wasserstoff sind nun als Erfüllungsoptionen Ladestrom gleichgestellt. Dies ist ein wichtiges regulatives wie politisches Signal an alle Investoren und Projektbeteiligte im Bereich der RFNBO. Mehrfachanrechnungen sollten jedoch kein Dauerinstrument innerhalb der THG-Regulierung werden, denn sie können auch ein Hemmnis für den Mengenhochlauf einer THG-Quotenlösung sein. Grundsätzlich sollte sich der CO2-Minderungsbeitrag eines Kraftstoffes auf Grundlage einer gesamtbilanziellen Betrachtung erfolgen. So ist sichergestellt, dass die besten Lösungsoptionen in einen vergleichbaren Wettbewerb im Markt miteinander treten können. Es sollte daher auch berücksichtigt werden, dass über den Anpassungsfaktor bei der Antriebseffizienz eine regulative Besserstellung von Wasserstoff gegenüber E-Fuels gegeben sein soll (§3 Absatz 5 des 37. BImSchV neu). Dies wird dazu führen, dass die Nutzung von Wasserstoff in der Brennstoffzelle im Pkw und Lkw im Vergleich zur Nutzung von Wasserstoff und E-Fuels im Verbrennungsmotor regulativ bessergestellt ist. Diese Anwendungspriorisierung sollte abgeschafft werden. Der Einsatz von RFNBO-Wasserstoff als Prozessrohstoff, beispielsweise in der Raffinerie im Rahmen der Kraftstoffaufbereitung, sollte als Inverkehrbringen eines RFNBO anerkannt werden und auf die Quote anrechenbar sein (§3 Abs. 1 Punkt 3 37. BImSchV neu). Die neue 37. BImSchV sollte die Mitverarbeitung von RFNBO (synthetisches Rohöl/ Syncrude) im raffinerietechnischen Verfahren (Co-Processing) in §3 Absatz 7 aufnehmen. Rechtgrundlage bietet dafür § 37a Absatz 5 Satz 1 Nummer 8 BImSchG.

6. Strombezugskriterien (§6 und §7 der 37. BImSchV neu)

Die Bedingung, dass Stromerzeugungsanlagen nicht älter als 36 Monate sein dürfen, wenn der Elektrolyseur in den Betrieb geht (§6 Absatz 1a 37. BImSchV neu) ist in zweifacher Hinsicht problematisch: Zum einen kann dies zu einer Verknappung der Stromanbieter für Anlagenbetreiber und damit zur Verteuerung der Produkte führen. Zum anderen stellt diese Bedingung eine Benachteiligung anderer Energieträger im Verkehrssektor dar, die diese Bedingung nicht erfüllen müssen. Zur Erhöhung der Planungssicherheit empfehlen wir, die von der EU-Kommission im Q&A-Dokument ersichtliche Definition zum Thema Beihilfen (siehe dort Frage 19) im §6 Abs. 1b 37. BImSchV neu zu berücksichtigen. Es sollte in der nationalen Umsetzung berücksichtigt werden, dass die EU in der jüngst verabschiedeten RED III ausgeführt hat, dass sie eine Umstellung der zeitlichen Korrelation von monatlich auf stündlich bis zum 1. Juli 2028 prüfen wird. Eine entsprechende Regelung wie §7 Abs. 2 sollte daher erst aufgenommen werden, wenn die Prüfung erfolgt ist.

7. Nachhaltigkeitskriterien (§13 der 37. BImSchV neu) und Nachweis- und Zertifizierungssystem (§14 - §45 der 37. BImSchV neu)

m Hinblick auf die Überlegungen der EU im Rahmen der Strategien für Kohlenstoffkreisläufe aus 2021, in der die Abscheidung und Nutzung von bis zu 500 Mt CO2 vorgesehen ist, bzw. der CCU-CCS-Strategie aus 2022, worin die zukünftige Nutzung von CO2 aus technisch nicht vermeidbaren industriellen Punktquellen zur Herstellung regenerativer Kohlenstoffprodukte beabsichtigt wird, sollten auch die EU-Nachhaltigkeitskriterien zur Herstellung von kohlenwasserstoffbasierten RFNBO diesbezüglich offener gestaltet werden.2 Eine Harmonisierung mit dem bestehenden EU-ETS ist dafür notwendig. Dies wäre eine geeignete Grundlage, um die Etablierung eines echten Kohlenstoffkreislaufs zu ermöglichen. Wir bitten die Bundesregierung sich dafür einzusetzen. Zudem sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die EU gemeinsam mit Handelspartnern einheitliche Standards für eine nachhaltige globale Kohlenstoffwirtschaft etabliert. Ziel sollte es sein, dass RFNBO von außerhalb Europas auf Grundlage einheitlicher Nachhaltigkeitsstandards gehandelt, importiert und damit auf die THG-Quote angerechnet werden können. Wir bitten daher im Sinne der Produzenten, das geplante Nachweis- und Zertifizierungs-system möglichst handelsfreundlich und international orientiert auszugestalten. Da auf europäischer und globaler Ebene ein entsprechendes Nachweis- und Zertifizierungssystem noch aussteht, droht sonst ein Flickenteppich verschiedener Systeme. Es gilt dafür zu sorgen, dass keine neuen bürokratischen Hemmnisse für die RFNBO-Produktion und deren Einsatz aufgebaut werden.

8. Neufassung der 37. BImSchV

Bei dem vorgelegten Entwurf handelt sich um eine Neufassung der 37. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Wir haben die Bitte zu prüfen, ob mit der Neufassung nicht wichtige Regelungsinhalte für Hersteller weggefallen sind, die in der derzeit geltenden 37. BImschV noch erfasst sind und die erhalten bleiben müssen.