Faire und einheitliche Regeln verhindern Wettbewerbsverzerrungen zwischen Betreibern von Ladeinfrastrukturen. Ohne einheitliche Standards könnten einige Anbieter unfaire Wettbewerbsvorteile erlangen, indem sie günstigere, aber weniger transparente Preismodelle anbieten. Dies sorgt gerade nicht für einen fairen Wettbewerb, der Innovationen und Investitionen in die Ladeinfrastruktur fördert.
Die Aufsichtsbehörde sollte im Sinne des Verbraucherschutzes eine aktive Marktaufsicht übernehmen. Angesichts des neu eingefügten § 5 Absatz 4 LSV wird dies jedoch nach unserer Ansicht nicht gewährleistet (siehe dazu unten 1.). Klare und transparente Preisangaben sind entscheidend für Verbrauchervertrauen. Einheitliche Standards und transparente Preisangaben schützen Verbraucher vor unfairen Praktiken und versteckten Kosten. Dies fördert das Vertrauen der Nutzer in die Elektromobilität und unterstützt informierte Entscheidungen. Leider stellt der Entwurf aus unserer Sicht keine ausreichende Preistransparenz sicher (siehe dazu unten 2.)
Insbesondere enthält die 4. LSV-Novelle einen grundsätzlichen Fehler im Marktdesign:
Der E-Mobility Provider (EMP) bestimmt den Endkundenpreis, hat aber keinen Einfluss auf die tatsächlichen Ladebedingungen vor Ort (Verfügbarkeit, Geschwindigkeit, Netzauslastung etc.). Der Charge Point Operator (CPO), also der technische Betreiber der Ladeinfrastruktur, der tatsächlich investiert und betreibt, kann nicht direkt den Preis am Ladepunkt steuern, wenn EMPs beteiligt sind. Daraus ergibt sich eine Entkopplung von Leistung und Preissignal – was ökonomisch ineffizient ist, Fehlanreize bei Investitionen auslöst und zur Intransparenz der Preise beim Endkunden führt.
Schließlich hat der Verordnungsgeber darauf verzichtet, Übergangsfristen für die vorgesehene Verpflichtung zur unmittelbaren Nachrüstung von Schnellladesäulen, die vor dem 13. April 2024 errichtet wurden, vorzusehen. Dies führt zu erheblichen wirtschaftlichen Risiken (siehe dazu unten 3.)
1. Fehlendes Level Playing Field durch unverbindliche Aufsichtspflicht der Bundesnetzagentur
Mit dem neu eingefügten § 5 Abs. 4 LSV wird der Bundesnetzagentur lediglich die Möglichkeit eingeräumt, Informationen an die Mess- und Eichbehörden der Länder weiterzugeben und – implizit – Verstöße gegen AFIR-Vorgaben zu verfolgen. Diese Formulierung als Kann-Vorschrift (Ermessensentscheidung der Bundesnetzagentur) ist aus Sicht der UNITI nicht ausreichend, um ein tatsächlich wirksames Marktaufsichtsregime zu etablieren. Die AFIR verlangt eine verbindliche und konsequente Durchsetzung der Vorgaben durch die zuständigen nationalen Behörden.
Gerade im Bereich der Preistransparenz und diskriminierungsfreien Zugänglichkeit entstehen durch fehlende Kontrolle massive Wettbewerbsverzerrungen: Während große Anbieter mit vertikaler Integration bevorzugte Konditionen für Flottenkunden oder White-Label-Partner realisieren, zahlen Endkunden beim Ad-hoc-Laden bis zu drei Mal höhere Preise – ohne, dass eine technische oder vertragliche Rechtfertigung nachvollziehbar wäre.
Ein echter Wettbewerb braucht gleiche Regeln für alle Marktteilnehmer. Daher fordern wir eine verpflichtende und systematische Kontrolle der Einhaltung der AFIR durch die Bundesnetzagentur – insbesondere auch im Hinblick auf diskriminierende Preisgestaltung und die Pflicht zur diskriminierungsfreien Zugänglichkeit.
2. Unzureichende Preistransparenz trotz Fortschreibung der PAngV für Bestandsinfrastruktur
Die geplante Anpassung der Preisangabenverordnung (PAngV) – insbesondere durch den neuen § 14 Abs. 3 – ist grundsätzlich zu begrüßen, da sie auch Bestands-Schnellladesäulen > 50 kW in die Pflicht nimmt. Allerdings reichen die dort vorgesehenen Instrumente aus Sicht der Praxis nicht aus, um eine transparente und nachvollziehbare Preisangabe für alle Nutzergruppen sicherzustellen.
Insbesondere folgende Problempunkte bleiben ungelöst:
- Komplexität dynamischer Preismodelle
- Intransparente Preisbestandteile (z. B. Blockiergebühren)
- Informationsasymmetrie zwischen Vertrags- und Ad-hoc-Kunden
Damit läuft die beabsichtigte Verbraucherschutzwirkung ins Leere. Für eine wirksame Preistransparenz braucht es klare und verpflichtende Vorgaben zur Darstellung – z. B. über standardisierte Preisaushänge in Kombination mit einer verpflichtenden digitalen Anzeige vor Ladebeginn – sowie eine konsequente Durchsetzung durch die Marktaufsicht.
3.
Sofortige Nachrüstungspflicht ohne Übergangsfristen als wirtschaftliches Risiko
Die vorgesehene Verpflichtung zur unmittelbaren Nachrüstung aller Schnellladepunkte mit einer Leistung ab 50 kW, die vor dem 13. April 2024 errichtet wurden, stellt viele Betreiber – insbesondere im mittelständischen Bereich – vor erhebliche operative und wirtschaftliche Herausforderungen.
Zum einen fehlt es an einer realistischen Übergangsfrist, um Geräteverfügbarkeiten, bauliche Anpassungen und IT-Systemintegration sinnvoll planen und umsetzen zu können. Zum anderen sind barrierefreie, outdoorfähige Zahlungsterminals nach den Anforderungen des BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) aktuell nur eingeschränkt verfügbar. Lieferzeiten, Zertifizierungsprozesse und hohe Kosten verschärfen die Lage zusätzlich.
Betreiber älterer Ladepunkte sehen sich gezwungen, zu investieren – häufig ohne Planungssicherheit oder Rentabilitätsaussicht. Dies gefährdet die Wirtschaftlichkeit und kann zu Stilllegungen führen – was dem Ausbauziel der Bundesregierung direkt entgegenläuft. Aus Sicht der UNITI ist daher zumindest eine weitere sechsmonatige Übergangsfrist zwingend erforderlich.