Vorbemerkungen
Die in der Problem- und Zielstellung zum Gesetzentwurf dargestellten heutigen Energieträgeranteile bei der Wärmeversorgung der ca. 41 Millionen Haushalte in Deutschland und die Diversität in den Ausgangssituationen bei den Gebäudeeigentümern machen die Dimension der Aufgabenstellung deutlich, bis zum Jahr 2045 einen nachhaltigen und treibhausgasneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Angesichts dieser großen Herausforderung, innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes relativ große Veränderungen regulativ in die Wege zu leiten, halten wir die zur Verfügung gestellte Frist zur Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf innerhalb von einer Woche für außerordentlich kurz.
Es zeichnet sich zudem ab, dass der Zeitraum bis zum momentan geplanten Inkrafttreten am 1.1.2024 für die Vorbereitung sehr kurz bemessen ist. Deshalb bitten wir darum, den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie den Marktakteuren mehr Zeit zwecks Vorbereitung auf die anstehenden regulativen Maßnahmen einzuräumen, z.B. einen Zeitraum von einem Jahr zwischen Verabschiedung des Gesetzes und Inkrafttreten.
Die Forderung, zunehmend Erneuerbare Energien im Gebäudesektor einzusetzen, halten wir entsprechend der festgelegten Klimaschutzziele für folgerichtig und gut nachvollziehbar. Wir begrüßen insbesondere, dass für die „65-Prozent-EE-Vorgabe“ bei jeder neu eingebauten Heizung gleichberechtigt technologieneutrale Erfüllungsmöglichkeiten -ob einzeln oder in Kombination miteinander- regulativ zum Ansatz kommen sollen. Im Detail nehmen wir zum vorgelegten Gesetzentwurf wie folgt Stellung.
Zu §71 Abs. 3 Satz 1 Nummer 5 – Bitte um Klarstellung
Wir begrüßen, dass zur Erfüllung der Anforderungen gemäß § 71 Abs. 1 mit § 71 Abs. 3 Nummern 1 bis 6 mehrere Lösungsoptionen berücksichtigt werden (erleichternd zu den Möglichkeiten gemäß §71 Abs. 2). Bezüglich der Lösungsoption Nr. 5 müsste unseres Erachtens klargestellt werden, dass erneuerbare Flüssigbrennstoffe als Derivate von grünem Wasserstoff oder basierend auf biogenen Ausgangsstoffen als Lösungsoptionen für die 65-Prozent-EE-Vorgabe anerkannt werden.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass erneuerbare Flüssigbrennstoffe mit heute noch fossilen Brennstoffanteilen als Blend in Konformität zu den einschlägigen Brennstoffnormen eingesetzt werden können. Deshalb sollte hier eine Klarstellung in der Art erfolgen, dass beim Einsatz von erneuerbaren Flüssigbrennstoffen die Anforderung gemäß § 71 Abs. 1 durch eine anteilige Beimengung in Höhe von 65 Prozent erfüllbar ist.
Zu §3 – Präzisierung für erneuerbare Flüssigbrennstoffe
n Analogie zur oben genannten Klarstellung bezüglich erneuerbarer Flüssigbrennstoffe sollte auch eine Präzisierung in §3 erfolgen. Für §3 Abs. 2 Nr. 6 schlagen wir deshalb folgenden Wortlaut vor: „die aus grünem Wasserstoff oder den daraus hergestellten flüssigen oder gasförmigen Derivaten erzeugte Wärme oder“. Ebenso sollte klargestellt werden, dass der Katalog der Erneuerbaren Energien gemäß §3 Abs. 2 GEG auch erneuerbare Flüssigbrennstoffe auf Basis biogener Ausgangsstoffe umfasst.
Zu §71 Abs. 3 Satz 1 Nummer 6 – Bitte um Klarstellung
Die Möglichkeit, eine Wärmepumpen-Hybridheizung in Kombination mit einer Gas- oder Flüssigbrennstofffeuerung nach Maßgabe §71h zur Erfüllung von §71 Abs. 1 einsetzen zu können, halten wir für eine begrüßenswerte praktikable Option für den Gebäudebestand. In diesem Zusammenhang ist für uns aber der Wortlaut von §71 Abs. 3 Satz 3 „Beim Betrieb von Heizungsanlagen nach Satz 1 Nummer 5 und 6 hat der Betreiber …“ nicht eindeutig nachvollziehbar. Wir gehen davon aus, dass sich die bzgl. der Nummer 6 geforderte Einhaltung der Anforderungen gemäß §71f und §71g Nummer 2 allein auf die Biomasse bezieht, nicht aber auf den Teil der Gas- und Flüssigbrennstofffeuerung. Hier bitten wir um eine entsprechende Klarstellung, die auch im Einklang mit dem Begründungsteil zum Gesetzentwurf steht, wonach beim Einbau einer WärmepumpenHybridheizung §71h regelt, unter welchen Bedingungen der EE-Anteil von 65 Prozent anrechenbar ist und der verbleibende Energiebedarf noch mit fossilen Energieträgern gedeckt werden kann.
Zu § 71b in Verbindung mit § 71j und § 71k – schrittweises Vorgehen ermöglichen
Bezüglich der Anschlüsse an Wärmenetze und Gasnetze werden in diesen Vorschriften mehrjährige Übergangsfristen zur Erreichung bestimmter Erneuerbarer Anteile vorgesehen. Bis zum Jahr 2030 soll beispielsweise ein Anteil von mindestens 50 Prozent aus Erneuerbarer Wärme oder aus Grünem Gas nachgewiesen werden. Wie in der Problem- und Zieldarstellung zum Referentenentwurf richtigerweise erläutert, basiert die Wärmeversorgung der 41 Mio. Haushalte in Deutschland insgesamt aber nicht nur auf Wärme- und Gasnetzen, sondern zu einem Großteil auch auf nicht-leitungsgebundenen Energieträgern. Nichtleitungsgebundene Energien, wie z.B. Flüssig- oder Festbrennstoffe, werden nach unserer festen Überzeugung auch weiterhin eine prägende Rolle spielen, mindestens in Stadtrandlagen bis hin zu ländlichen Regionen. Insofern halten wir es für zielführend, wenn ab Inkrafttreten des Gesetzes auch ein effizientes hybridfähiges und für erneuerbare Flüssigbrennstoffe technisch geeignetes ÖlBrennwertgerät (sog. Green-Fuels-ready-Gerät) installiert werden kann und dieses dann zeitlich nachgelagert (z.B. spätestens bis zum Jahr 2030) mit einer Wärmepumpe kombiniert wird, so dass dann diese Wärmepumpen-Hybridheizung gemäß § 71 Abs. 3 Satz 1 Nummer 6 die 65-Prozent-EEVorgabe ab 2030 erfüllt. Ein solches schrittweises Vorgehen ist unseres Erachtens auch mit Blick auf die Akzeptanz bei den Gebäudeeigentümern empfehlenswert.
Bilanzielle Anrechnung beim Einsatz Erneuerbarer Flüssigbrennstoffe
Im Referentenentwurf wird zu Recht festgestellt, dass im Gebäudesektor die große Vielfalt an unterschiedlichen Gebäuden und unterschiedlichsten Situationen bei den Eigentümern vielfältige und technologieoffene Umsetzungsstrategien bis zur Erreichung fossilfrei betriebener Heizungsanlagen im Jahr 2045 begründet. Aufgrund dieser vielfältigen Ausgangssituationen und Umsetzungen sollte auf dem Weg zur Klimaneutralität die Möglichkeit einer bilanziellen Anrechenbarkeit für den Bereich der Erneuerbaren Flüssigbrennstoffe in Erwägung gezogen werden.
Überprüfung der Gesetzesnovelle
Aufgrund der weitreichenden Auswirkungen dieses Gesetzes auf den gesamten Gebäudesektor bitten wir darum, nach Ablauf eines überschaubaren Zeitraumes nach dem Inkrafttreten (z.B. nach 2 Jahren) die regulative Umsetzbarkeit der Erfüllungsoptionen für die 65-Prozent-EE-Vorgabe mit Fokus auf den Grundsatz von Gleichberechtigung und Technologieoffenheit zu überprüfen und im Bedarfsfall in Zusammenarbeit mit den Verbänden nach zu justieren.
Bedeutung der erneuerbaren Flüssigbrennstoffe im Energiemix
Abschließend möchten wir nochmals herausstellen, dass erneuerbare Flüssigbrennstoffe ein wichtiges Standbein bei der Transformation des Wärmemarktes zur THG-Neutralität bis 2045 sein werden. Dafür gibt es vielfältige anwendungstechnische Gründe, wie z.B. ihre hohe Energiedichte, ihre gute Speicher- und Transportierbarkeit, ihre Kompatibilität zu der bestehenden flächendeckenden Logistik- und Versorgungsstruktur oder ihre Verwendbarkeit in neuen Brennwertheizungen oder Hybridsystemen. Das Potenzial klimaneutraler synthetischer Energieträger im zukünftigen Energiemix des Wärmemarktes wurde auch bereits durch die im Oktober 2021 veröffentlichte dena-Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“ bestätigt.