Thema 2

FVV-Studie: Vollständige Defossilisierung des Fahrzeugbestandes mit synthetischen Kraftstoffen bis 2038 möglich

Mit der Kraftstoffstudie IVb als Ergänzung zur Kraftstoffstudie „Transformation der Mobilität im klimaneutralen und postfossilen Zeitalter“ Teil  IV hat die Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen eine umfassende Meta-Analyse zum zukünftigen Antriebsmix im Bereich des Straßenverkehrs vorgelegt. Klares Ergebnis: Nur ein Antriebsmix führt zur raschen Defossilisierung des motorisierten Straßenverkehrs und somit zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor.

Bereits 2021 hatte die FVV mit der Kraftstoffstudie IV ein in der Automobil- und Kraftstoffbranche vielbeachtetes wissenschaftliches Papier vorgelegt. Innerhalb der damaligen Untersuchung wurde die Frage beantwortet, inwieweit die Fokussierung auf einzelne Technologiepfade im Bereich der Mobilität Einfluss auf die Gesamtkosten, die Treibhausgasemissionen und das Ziel der Klimaneutralität hat. Bereits damals waren die Ergebnisse recht eindeutig, denn die Modellierung ergab, dass lediglich eine Kombination aus allen zur Verfügung stehenden Defossilisierungsoptionen den Sektor des Straßenverkehrs nachhaltig klimaneutral stellen kann.

Einige Aspekte ließ die damalige Studie jedoch offen. Insbesondere die sogenannten Bottlenecks bei der Technologieimplementierung blieben damals unberücksichtigt. Mit der Aktualisierung der Kraftstoffstudie nimmt FVV diese technologischen und finanziellen Engpässe in den Fokus und veranschaulicht inwieweit einzelne Technologiepfade trotz ihrer Markthochlaufhindernisse geeignet sind, die Defossilisierung des Straßenverkehrssektors zu gewährleisten.

Hierbei wird aufgezeigt, dass aufgrund verschiedener Hemmfaktoren bei den einzelnen Technologieoptionen eine möglichst rasche Defossilisierung des Straßenverkehrs nur über einen Technologiemix erfolgen kann. Denn bei allen Technologien gibt es beim Hochlauf der Technologie und deren Etablierung im Markt diverse Gründe, die gegen die Verfolgung jeweils singulärer Zielerreichungspfade sprechen. Beispielsweise muss zunächst eine komplett grüne d.h. auf erneuerbaren Energien basierende Stromversorgung in Europa existieren, bevor man damit einen großen Bestand an batterieelektrischen Fahrzeugen klimaneutral versorgen könnte. Bei anderen Technologien wie bspw. erneuerbaren Kraftstoffen beständen Engpässe bei der breiten Verfügbarkeit bedingt durch den notwendigen Erzeugungshochlauf und der damit verbundenen Etablierung einer industriellen Produktion von PtL-Erzeugnissen.

Grundsätzlich können diese Verzögerungen hierbei aufgrund technischer oder aber finanzieller Engpässe entstehen. In Folge tritt eine zeitliche Verzögerung bei der Erreichung eines klimaneutralen Fahrzeugbestandes auf. Denn ein klimaneutraler Fahrzeugbestand ist laut FVV erst dann erreicht, wenn die Antriebsenergie komplett defossilisiert worden ist. FVV spricht sich somit für die Emissionsbewertung anhand eines Well-to-Wheel Ansatzes aus, bei dem die gesamte Energieprozesskette berücksichtigt werden muss. Die Erreichung eines defossilisierten Fahrzeugbestands ist hierbei entscheidend, da der Verkehrssektor in Europa für einen gewaltigen Anteil der CO2-Emissionen verantwortlich ist.  

Die Ergebnisse der Modellierung sprechen hierbei eine eindeutige Sprache: Kein singulärer Technologiepfad erreicht die vorgegebenen Ziele des Klimaschutzgesetzes. Lediglich ein Mix aller zur Verfügung stehenden Antriebstechnologien ermöglicht die vollständige und vor allem zielgerechte Defossilisierung des Fahrzeugbestandes.

FVV zeigt mit dieser Studie auf, dass zur vollständigen Defossilisierung des Straßenverkehrs, ein möglichst rascher Markthochlauf aller der Zielerreichung der Klimaneutralität dienlichen Technologien erfolgen muss.

Interessanterweise stellen synthetische Kraftstoffe bspw. die aus einer Fischer-Tropsch-Synthese, den Technologiepfad dar, der bei einer singulären Technologiewahl die schnellste Defossilisierung des Straßenverkehrs ermöglicht. FVV schätzt, dass eine vollständige Defossilisierung des Fahrzeugbestandes mit synthetischen Kraftstoffen im Jahr 2038 möglich wäre (Szenario FT-Route).

Im Vergleich: Ein Fahrzeugbestand an reinen Elektrofahrzeugen, der mit heimischem erneuerbarem Strom versorgt werden müsste, würde erst weit nach 2050 den Zustand der Klimaneutralität erreichen.

Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass eine einseitige Forcierung der Elektromobilität bei gleichzeitiger Verhinderung anderer Technologien wie bspw. Fischer-Tropsch-Kraftstoffe zur Nicht-Erreichung der Klimaziele führt. Technologiepfade, die auf eine reine Batterietechnik setzen verfehlen die Klimaziele hierbei am deutlichsten, denn hier sind sowohl die infrastrukturellen als auch die energetischen Herausforderungen besonders groß.

Die aktuelle Strategie der Bundesregierung auf eine reine Elektrifizierung des Verkehrs zu setzen und somit die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen ist laut der FVV somit zweifelhaft. Es ist unstrittig, dass batteriebetriebene Fahrzeuge einen großen Teil zur Defossilisierung des motorisierten Straßenverkehrs beitragen können, doch sie sind eben nur ein Teil der Lösung. Die Emissionsziele des europäischen Verkehrssektors können nur erreicht werden, wenn alle zur Verfügung stehenden CO2-neutralen Antriebsoptionen zur Anwendung kommen.