Trotz Entlastungspaket: Tanktourismus gefährdet weiterhin Versorgungssicherheit
Als Reaktion auf stark gestiegene Energiepreise u. a. für Kraftstoffe und Heizöl haben Nachbarländer Deutschlands teils massiv die staatlichen Steuern gesenkt (Stand März 2022):
Polen: | Senkung der Energiesteuersätze auf das europäische Minimum. Senkung der Mehrwertsteuer von 23% auf 8% für Kraftstoffe. |
Niederlande: | Senkung der Energiesteuer auf Benzin um 17,3 ct/Liter. Senkung der Energiesteuer auf Diesel um 11,1 ct/Liter. |
Luxemburg: | Staatliche Höchstgrenze für Spritpreise und niedrigere Mineralölsteuer. |
Belgien: | Senkung der Mehrwertsteuer. |
Tschechien: | Aufhebung der Beimischpflicht von Biokraftstoffen |
Schweiz: | Verzicht auf die Erhebung einer Mineralölsteuer in Prüfung. |
Frankreich: | Rabatt in Höhe von 15 ct/Liter in Prüfung. |
Österreich: | Absenkung Kfz‑Steuer für Firmenwagen in Prüfung. |
Die damit in den Nachbarländern sehr günstigen Kraftstoff- und Lebensmittelpreise animieren auch weiter von der Grenze entfernt Wohnende und Gewerbetreibende, im Ausland zu tanken. Für die Tankstellen beispielsweise in Mecklenburg‑Vorpommern, Brandenburg und Sachsen bedeutet dieser Tanktourismus bereits massive Absatzrückgänge, wie unsere Mitgliedsunternehmen vermehrt vermelden. Tankstellenbetreiber verzeichnen z. T. Rückgänge des Absatzes um zwei Drittel. Auch die nun beschlossene Maßnahme zur Reduzierung der Energiesteuer, die voraussichtlich im Juni 2022 wirksam werden wird, kann daran wenig ändern. Denn der Preisabstand zu den Kraftstoffkosten im Ausland bleibt trotz Energiesteuerabsenkung weiterhin ein Anreiz für den Tanktourismus.
Aus mehreren Gründen ist diese Entwicklung mit Sorge zu betrachten:
Thema Energieversorgungssicherheit:
Die Versorgungssicherheit in ländlichen Gebieten wäre langfristig bedroht, wenn Tankstellen auf deutscher Seite jetzt aus dem Markt treten würden.
Thema Energiesteuereinnahmen:
Dem deutschen Staatshaushalt entgehen derzeit durch Tanktourismus Einnahmen bei Mehrwertsteuer und Energiesteuer.
Thema Klimaschutz:
Teilweise werden von deutschen Kunden erhebliche Strecken zurückgelegt, um im Ausland günstig zu tanken. Dies schlägt sich auf die CO₂-Emissionen und damit negativ auf die Klimabilanz nieder.
Hohe Kraftstoffkosten belasten nicht nur die Endverbraucher, sondern ganze Wirtschaftsbereiche wie den Logistik- und Speditionsbereich im Güterverkehr sowie Busunternehmen im Fern- und Nahverkehr.
Um den sich ins Ausland verlagernden Tanktourismus von Privat- und Gewerbekunden entgegenzutreten, bedarf es daher Entlastungsmaßnahmen, die möglichst schnell umzusetzen sind. So sollte besonders für vom Tanktourismus betroffene Tankstellenbetreiber im grenznahen Raum eine zeitlich befristete finanzielle Hilfe etwa in Form eines „Energieinfrastrukturzuschusses“ analog zu den Corona‑Hilfen in anderen Branchen von der Bundesregierung geprüft werden.
Eine dauerhafte Absenkung der Energiesteuer sollte auf jeden Fall für erneuerbare Kraftstoffe vorgesehen werden. Diese werden derzeit meist als Beimischung zu mineralischen Kraftstoffen verkauft. In einigen wenigen Fällen gibt es auch bereits Reinkraftstoffe, die zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Eine steuerliche Reduzierung würde die Nutzung CO₂‑armer und -neutraler Kraftstoffe anreizen und einen Markthochlauf anstoßen.
UNITI fordert
Für besonders vom Tanktourismus betroffene Tankstellenbetreiber im grenznahen Raum fordern wir eine schnelle und zeitlich befristete finanzielle Hilfe etwa in Form eines „Energieinfrastrukturzuschusses“ analog zu den Corona-Hilfen in anderen Branchen.
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