Thema 8

Positionierung UNITI zu europäischen Regulierungsvorschlägen

Mitte und Ende 2021 hat die Europäische Kommission mehrere Regulierungsvorschläge u. a. im Rahmen des „Fit for 55“‑Pakets vorgelegt, die allesamt das Ziel eint, die Klimaschutzziele des „Green Deals“ der EU umzusetzen.

Im Kern geht es dabei um den klimaneutralen Umbau energieintensiver Sektoren wie Energie, Verkehr und Wärme und den Ausbau Erneuerbarer Energien in sämtlichen Formen, wie Grünstrom, Wasserstoff und flüssige Energieträger. Die im Regelungspaket enthaltenen Maßnahmen sehen ein breites Portfolio von technologiebasierten, marktbezogenen und ordnungspolitischen Maßnahmen vor.

Absehbar ist, dass ohne CO₂‑neutrale Kraftstoffe die Klimaziele nicht erreicht werden. Es ist daher geboten, sämtliche Potenziale zu nutzen. Dazu gehört auch der Einsatz nachhaltiger konventioneller und fortschrittlicher Biokraftstoffe. Es ist zusätzlich dringend notwendig, den schnellen Markthochlauf erneuerbarer Kraftstoffe nicht‑biogenen Ursprungs (Renewable Fuels of Non- Biological Origins – RFNBO) zu starten. Diese synthetischen Flüssigkraftstoffe, auch E‑Fuels genannt, können als Kraft- und Brennstoffe im Verkehr- und Wärmesektor eingesetzt werden.

E‑Fuels sind als sog. no‑regret‑Maßnahmen eine globale Lösung für die globale Herausforderung zur Defossilisierung des Verkehrs- und Wärmebereichs. Sie ermöglichen es, grünen Strom aus sonnen- und windreichen Gebieten in flüssiger Form zu importieren und weltweit nutzbar zu machen.

Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP beinhaltet nur an wenigen Textstellen Verweise auf die Haltung der neuen Bundesregierung zu den laufenden Verhandlungen auf EU-Ebene.

Umso wichtiger ist eine klare Positionierung der Bundesregierung im Europäischen Rat.

UNITI schlägt folgende Punkte dafür vor:

1. Erweiterung der EU‑CO2‑Flottenregulierung für Pkw:

Betrifft:

VERORDNUNG zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/631 im Hinblick auf eine Verschärfung der CO₂‑Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und für neue leichte Nutzfahrzeuge im Einklang mit den ehrgeizigeren Klimazielen der Union (Link), sog. „CO₂‑Flottenregulierung“

Problem:

Fahrzeugherstellern ist es aktuell nur möglich, die vorgeschlagenen neuen CO₂‑Flottenemissionsgrenzwerte (u. a. -100% ab 2035) über einen Antriebswechsel hin zu lediglich lokal emissionsfreien Elektrofahrzeugen mit Batterie oder Brennstoffzelle zu erreichen. Dies bedeutet ein Zulassungsverbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2035 und ein Ende der Technologieoffenheit in der Klimaschutzpolitik. CO₂‑neutrale Kraftstoffe hingegen dürfen nach dem aktuellen EU‑Kommissionsvorschlag auch künftig NICHT als CO₂‑senkende Technologie angerechnet werden. Die technologische Lösung, die Emissionsbilanz einer Neuwagenflotte durch den Einsatz CO₂‑neutraler Kraftstoffe zu senken, ist im aktuellen EU‑Kommissionsvorschlag nicht vorgesehen. Das möchten wir ändern.

Unser Vorschlag:

Einführung eines freiwilligen Anrechnungssystems, das regenerative Kraftstoffe, wie Biokraftstoffe und strombasierte Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien (E‑Fuels als Teil der RFNBO), als eine Lösung zur CO₂‑Minderung für Neufahrzeuge anerkennt.

Unsere Argumentation:

  • Der aktuelle Regulierungsvorschlag der EU‑Kommission für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bedeutet ein faktisches Zulassungsverbot von Verbrennungsmotoren spätestens ab 2035! Verbrenner können ab 2030 nur noch als Hybride zugelassen werden.
  • Statt für Technologieverbote und einseitige Antriebslösungen sollte die EU für Technologieoffenheit und verschiedene Lösungsoptionen eintreten!
  • Unser Vorschlag eines Anrechnungssystems ist anschaulich hier erläutert: www.crediting-systemfor-renewable-fuels.eu
  • Bestrebungen, die CO₂‑Einsparvorgaben noch strenger zu regulieren und ein Ende des Verbrenners bereits vor 2030 zu erreichen, ohne dass regenerative Kraftstoffe anerkannt werden, lehnen wir ab.
  • Die derzeitige Erfassung von CO₂‑Emissionen nur am Auspuff (Nutzungsphase = Tank‑to‑Wheel‑Betrachtung) eines Fahrzeugs beispielsweise ohne Berücksichtigung der CO₂‑Bilanz der Antriebsenergie oder der Fahrzeugfertigung ist eine regulative Benachteiligung von regenerativen Kraftstoffen, die bei einer ganzheitlichen Betrachtung (Life‑cycle assessment) eine nahezu ausgeglichene CO₂‑Bilanz vorweisen können: Mit E‑Fuels wird kein zusätzliches oder fossiles CO₂ bei Fahrzeugnutzung freigesetzt.
  • Strom aus regenerativen Quellen in Europa ist nicht in ausreichendem Umfang verfügbar, um den Bedarf zu decken. E‑Fuels bieten eine technologische Chance, global verfügbaren Grünstrom in Form eines flüssigen Energieträgers nach Europa zu importieren und die Klimaschutzziele der EU im Verkehr- und im Gebäudesektor zu erreichen. Voraussetzung dafür ist die Anerkennung des europäischen Importbedarfs Erneuerbarer Energien in Form flüssiger Energieträger wie E‑Fuels in sämtlichen energiepolitischen Strategien und die Umsetzung entsprechender Maßnahmen zur Realisierung dieses Imports durch globale Energiepartnerschaften und europäische Förderprogramme.
  • Der Vorschlag der EU‑Kommission für CO₂‑Standards für neue Lkw und schwere Nutzfahrzeuge wird im Laufe dieses Jahres erwartet: Auch hier schlagen wir vor, regenerative Kraftstoffe anzuerkennen.
  • Wichtig für einen breiten Markthochlauf von E‑Fuels: Es darf keine regulativen Vorfestlegungen geben, in welchen Verkehrsbereichen E‑Fuels zukünftig eingesetzt werden sollen. Die EU strebt an, E‑Fuels nur im Flugverkehr und im Schiffsbereich zum Einsatz kommen zu lassen. Ein industrieller Produktionshochlauf von E‑Fuels, der sinkende Produktionskosten bedeutet und damit bezahlbare Kraftstoffpreise für die Verbraucher sichert, wird aber nur stattfinden, wenn E‑Fuels im gesamten Verkehr eingesetzt werden können und Bedarfsmengen nicht absichtlich klein gehalten werden, was für Investoren unattraktiv wäre.

2. EU-Erneuerbaren Energien-Richtlinie (Link):

Wir schlagen eine Mindestmengenquote für RFNBO (wie E‑Fuels) von mindestens 10 Prozent in 2030 und Festlegung einer Mengenquote über 2030 hinaus vor, um Planungs- und Investitionssicherheit zu bieten. Mengenquoten im Flugverkehr (Link zur Verordnung der Initiative ReFuelEU Aviation) oder im Schiffsbereich (Link zur Verordnung der Initiative Fuel EU Maritime) sollten stets als zusätzliche Mengenquoten vorgesehen werden.

3. Strombezugs- und Nachhaltigkeitskriterien für Wasserstoff/E‑Fuels (Link zur RED II):

Wir erbitten die zeitnahe Veröffentlichung der Produktionskriterien und eine Ausgestaltung, die für Hersteller anwendungsideale Voraussetzungen bietet, um europäische und internationale Produktionen planen und rechtssicher betreiben zu können.

4. EU-Emissionshandelssystem (Link):

UNITI fordert die Anerkennung von E‑Fuels als CO₂‑neutrale Kraft- und Brennstoffe im Falle einer Ausweitung des ETS auf den Verkehrs- und Wärmesektor, da E‑Fuels gesamtbilanziell keine zusätzlichen Emissionen verursachen.

5. EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Link):

Gemäß Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung der Erneuerbaren Energien‑Richtlinie sind strombasierte synthetische Brennstoffe nicht‑biogenen Ursprungs als Erfüllungsoption zur Erreichung eines 49 Prozent‑Anteils Erneuerbarer Energien im Wärmebereich anerkannt. Mit Hilfe dieser synthetischen Brennstoffe können rund 20 Millionen Ölheizungen in der EU weiter betrieben werden und die Öl‑Brennwertheizung auch in Zukunft zum Einsatz kommen. Die im Entwurf zur Änderung der EPBD enthaltene Rechtsgrundlage für nationale Verbote von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkesseln ab 2027 lehnen wir ab, da Heizkessel mit synthetischen Brennstoffen CO2‑neutral betrieben werden können. Ein Technologieverbot käme damit einem Anwendungsverbot strombasierter synthetischer Brennstoffe gleich.

6. EU-Energiesteuerregulierung (Link zur ETD):

Den aktuellen Änderungsvorschlag der Kommission begrüßen wir, der die niedrigste Mindestbesteuerung für E‑Fuels vorsieht.

7. Europäische Wasserstoffstrategie (Link zur Strategie):

Wir fordern die Anerkennung des Importbedarfs Erneuerbarer Energien in Form flüssiger Energieträger wie E‑Fuels und die Umsetzung entsprechender Maßnahmen zur Realisierung dieses Imports. Dazu gehört die Ausweitung von EU-Energiepartnerschaften weltweit.

8. Verordnung zu Abgasnorm Euro 7:

Ein Vorschlag der Kommission wird zeitnah veröffentlicht werden. Die Grenzwerte sollten so ausgestaltet sein, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor in Europa weiterhin mit E‑Fuels CO₂‑neutral genutzt werden können. Ein Verbrennerverbot durch die gesetzgeberische Hintertür ist abzulehnen!

9. Nachhaltigkeits-Taxonomie erweitern:

Wirtschaftstätigkeiten zum Auf- und Ausbau der E‑Fuels‑Infrastruktur sollten von der EU als ökologisch nachhaltig klassifiziert werden, um Investitionen in die E‑Fuels‑Lieferkette zu fördern/erleichtern.

UNITI fordert

Europäische Regulierung technologieoffen ausgestalten und E‑Fuels als Klimaschutztechnologie anerkennen!